Montag, 31. Dezember 2012

Handlungskette : Stichlingsbalz und Erdkröten Versuche





Die Handlungskette


1) allgemeine Definition
Die Handlungskette ist eine Abfolge von instinktiven Verhaltensabläufen/ Handlungen, die sich zu einer Handlungskette zusammenfügen. Bei den Handlungen entstehen verschiedene Reizsituationen, die wiederrum einen Schlüsselreiz für eine neue Handlung sind oder die Endhandlung. Die Handlungskette kann man dabei in die normale und die verschränkte Handlungskette unterscheiden.


Zur Erinnerung ein kleines Schaubild zur Erklärung des Instinktverhaltens und der Ablauf:
: unbewusste Wahrnehmung, z.B.: Hunger; kann evtl. ausfallen

: Orientierungsbewegung


: Handlungsbereitschaft

: starrer Handlungsablauf, erblich festgelegt

Die Handlungskette besteht aus mehreren hintereinander ablaufenden Teilen der Instinkthandlung, welche mit der Endhandlung abschließt.









2) Handlungskette der Stichlingsbalz
1 Erscheint ein Stichling-Weibchen mit silbernen und dicken Bauch -visueller Reiz, der eine Appetenz auslöst-  im Revier eines Männchens –beide der gleichen Art-, 2 beginnt dieser instinktiv mit seinem Balztanz-Handlungsbereitschaft auf visuellen Reiz-. Diesen nennt man Zick-Zack-Tanz. Mit diesem Balztanz möchte das Männchen auf sich aufmerksam machen.
Der Balztanz löst beim Weibchen einen visuellen Reiz aus. Ist das Weibchen bereit zur Fortpflanzung reagiert sie auf diesen Reiz, stellt sich 3 schräg zum Männchen und zeigt ihren dicken Bauch, welcher durch die vorhandenen Eier aufgebläht aussieh.
Die Handlung bewirkt einen erneuten visuellen Reiz auf das Männchen, welches daraufhin seinen Balztanz fortführt und das Weibchen auf das 4 Nestm hinweist. Dies vollzieht das Männchen so oft bis das Weibchen darauf reagiert, entweder durch Wegschwimmen oder 5 Folgen. Wenn das Weibchen folgt, zeigt das Männchen den 6 Nesteingang. Hat sich das Weibchen einen Eingang zum Nest gegraben, 7 schlüpft es hinein.
Ist das Weibchen im Nest  klopft das Männchen mit der Schnauze auf die Schwanzwurzel des Weibchens-Berührungsreiz-. Diesen Vorgang nennt man 8 Schnauzentremolo, dieses löst beim Weibchen das 9 Ablaichen  aus.
Nach dem Ablaichen wird das Weibchen vertrieben, da es nicht mehr als dieses erkannt wird -kein dicker Bauch am Weibchen mehr erkennbar-. Das Ablaichen des Weibchens ist die Endhandlung der Handlungskette des weiblichen Stichlings.
Nachdem das Weibchen vertrieben wurde, schlüpft das Männchen selbst in das Nest und besamt die Eier.  10 Das Besamen der Eier ist die Endhandlung der Handlungskette des männlichen Stichlings.
Bei  weiteren vorbeischwimmenden trächtigen Weibchen kann sich Balz und Eiablage wiederholen, sodass im Nest  des Männchens mehrere Gelege von verschiedenen  Weibchen vorhanden sind. Nach der Befruchtung kümmert sich das Männchen um die Nestpflege und entfernt verpilzte   und abgestorbene  Eier. Mit dem Fächeln  der Brustflosse werden die Eier mit genug Sauerstoff versorgt.




2.1) Erklärung Handlungskette der Stichlingsbalz
Anhand des Balzverhaltens  der Stichlinge lässt sich eine verschränkte Handlungskette erklären. Bei der  verschränkten Handlungskette handelt es sich um eine Reizbeeinflussung  zwischen zwei  Partner, die Partner beeinflussen sich gegenseitig durch ihr Verhalten, wobei  immer wieder neue Schlüsselreize gesendet werden. Reagiert ein Partner nicht auf den Schlüsselreiz, so wird die Handlungskette abgebrochen und beginnt wieder von vorne. Jedoch können bei einer Handlungskette auch Schritte übersprungen werden und beliebig oft kombiniert und wiederholt werden. Die Handlungskette ist keine starre Abfolge und ist dann abgeschlossen, wenn es zu einer Endhandlung kommt.




3) Versuche mit Erdkröten (Filme)
Film 1
In einem Labor werden Versuche mit Erdkröten durchgeführt.  Die Erdkröten werden mit Mehlwürmern aus einer Petrischale gefüttert.
Anfangs beachten sich die Erdkröten kaum und haben ihre Blicke nur auf die Mehlwürmer gerichtet. Die Mehlwürmer bewirken einen visuellen Beutereiz bei den Erdkröten. Es kommt zur Taxis und der gerichteten Appetenz. Die Erdkröten zeigen nun die Bereitschaft zum Fressen.
In einem weiteren Versuch wird Mehlwurmkot in eine abgetrennte Hälfte eines Terrariums geblasen, dieser Versuch soll zeigen, dass die Erdkröten den Geruch des Mehlwurmkots wahrnehmen.
Die Erdkröten nehmen sofort den Geruch des Beutetieres (Mehlwurm) war und verbinden ihn mit dem Geruch des Beutetieres, die Kröten werden sofort aktiver, da ihre ungerichtete Appetenz steigt. Bewegt sich nun auch ein Objekt, kommt es zur Taxis und zur gerichteten Appetenz. Bewegt sich ein Objekt weiter kommt es zur Endhandlung und die Erdkröten beginnen damit untereinander nacheinander zu schnappen.
Dieser Versuch zeigt, dass die Erdkröten den Futterduft mit  jedem beliebigen  Bewegungsreiz verbinden und sich sogar anfangen selber zu beißen.
Die Tiere auf der anderen Seite des Terrariums ohne Geruch bleiben ruhig, da die Tiere aus dem Freiland den Geruch nicht kennen und ein Bewegungsreiz eines anderen Tieres nicht genügt, um eine Appetenz zum Zuschnappen auszulösen.
Die Laborkröten kennen den Futtergeruch und  reagieren darauf, da sie im Labor regelmäßig mit Mehlwürmern gefüttert werden, auch wenn diese nicht zu den eigentlichen Nährmitteln in der Natur gehören. Die Laborkröten assoziieren den Geruch mit der Beute und Nahrung , daher findet eine Art Selbstdresseur statt.
Die Triebstärke wird bei bekanntem Beuteduft soweit erhöht,  dass  auch solche Objekte einen Reiz  zum Beutefang auslösen, dessen Konfiguration nicht in das angeborene Beuteschema passt.
Der bekannte Futterduft und  ein Bewegungsreiz genügen  als Auslöser für den Beutefang. Der angeborene Auslösemechanismus kann sehr fein zwischen Beuteähnlichen und unähnlichen Bewegungskonfigurationen  unterscheiden.
Bei einem weiteren Versuch wird ein horizontaler Streifen vor einer Kröte wie ein Wurm platziert, dieser  Streifen löst das Beutefangschema aus. Durch die Bewegung des Streifens kommt es zu einer Taxis und der gerichteten Appetenz. Allerdings kommt es zu keiner Endhandlung. Die Erdkröte 
beobachtet den „Wurm“- Pappstreifen- nur und lässt ihn nicht aus den Augen- Zeichen für die Taxis und die gerichtete Appetenz.
Auf den Antiwurm, also ein senkrecht angelegter Streifen, reagiert die Erdkröte nicht.  Wird jedoch der Duft von Mehlwurmkot hinzugefügt, schließt die Kröte sogar den Antiwurm in ihr Beuteschema ein.  Das zeigt, dass zwei verschiedene Reize zusammenwirken müssen, um den die Endhandlung bei der Erdkröte aus zu lösen. Ohne den Duftreiz  würde die selbe Kröte mit dem angeborenen Schema nicht reagieren und den Antiwurm meiden.  So kann die Erdkröte durch die Filtereigenschaften ihres angeborenen Auslösemechanismus ihre Erfahrungen erweitern.


Film 2
Im zweiten Film wird ein neuer  Versuch vorbereitet, dieser wirft die Frage auf welches Merkmal der bewegten Streifen Beute und nicht-Beute signalisiert und ob es wirklich die Orientierung der Streifenlängsachse  im Raum ist.
Der Versuch läuft folgendermaßen ab:
Ein schwarzer Streifen auf weißem Laufband kreuzt das Gesichtsfeld der Kröte auf unterschiedliche Weise.
Ein horizontal angeordneter  Streifen in horizontaler Bewegung löst bei der Erdkröte den Beutefangreiz aus. Der gleichlange Streifen in vertikaler Ebene, in horizontaler Richtung laufend,  löst bei der Kröte nichts aus, sie wendet sich sogar ab.
Ein vertikal angeordneter Streifen in vertikaler Richtung laufend, signalisiert der Kröte überraschenderweise  Beute. Der  horizontale Streifen in vertikal laufender Richtung bleibt unbeantwortet. Entsprechende Befunde  gelten für diagonale Richtungen.


Wurmkonfiguration:
Wenn Längsachse eines Streifens parallel zur Bewegungsrichtung läuft.
Antiwurmkonfiguration:
Wenn Längsachse eines Streifens quer zur Bewegungsrichtung ausgerichtet ist.
Diese Präferenz Wurm gegenüber Antiwurm ist Bestandteil eines Spezien gemeinsamen  Musterunterscheidungsvermögens.


3.1) Auswertung Versuche
An den Laborversuchen mit den Erdkröten wird deutlich welche Reize auf die Erdkröte wirken müssen damit diese ihr erbkoordiniertes Beutefangverhalten zeigen. Während der ungerichteten Appetenz, Hungergefühl, reagiert die Erdkröte auf den visuellen Reiz, den ein Objekt durch Bewegung hervorruft. Entspricht das bewegte Objekt noch einem Wurm, so ist die Erdkröte voll und ganz auf sein Beutefangverhalten konzentriert.
Ungerichtete Appetenz + Bewegungsreiz = Beutefangverhalten

Desweiterem hat man durch die Versuche mit den Geruchsproben gesehen, dass die Erdkröten durch den Geruch viel stärker gereizt werden und reagieren als auf einen visuellen Bewegungsreiz. Sobald das erbkoordinierte Beutefangverhalten der Erdkröten durch den Geruch angeregt wurde, zeigt sich nicht nur die Taxis und die gerichtete Appetenz, sondern auch eine Endhandlung- das Schnappen der Erdkröten nacheinander-. Der Hauptreiz für die Endhandlung ist damit der Geruchsreiz.
Geruchsreiz = Beutefangverhalten

Der Geruchsreiz mit dem Mehlwurmkot wirkt nur bei den Erdkröten, welche schon länger im Labor mit Mehlwürmern gefüttert wurden. Die Erdkröten, aus ihrer natürlichen Umgebung kommend, zeigen  keine Reaktion auf den Geruch. Für sie ist die Wurmkonfiguration zum Beutefangverhalten und der Endhandlung ausschlaggebend. Die Erdkröten aus dem Labor haben ihr angeborenes Beutefangverhalten erweitert. Sie haben den Geruchsreiz mit Beute verbunden und den Bewegungsreiz als unwichtiger eingestuft. Der Geruchsreiz löst bei den Erdkröten aus dem Labor die Handlungskette aus. Sie riechen die „Beute“, reagieren darauf und durch einen Bewegungsreiz steigern sie ihre Handlungsbereitschaft und es kommt zur Endhandlung. Dies ist die normale Handlungskette.

4) Resümee
Das Beutefangverhalten einer Erdkröte besteht aus einer Abfolge stereotyper Bewegungen wie Zuwenden, Fixieren, Zuschnappen. Woran aber erkennt die Erdkröte ihre Beute? Welche Reize lösen die Bewegungsabfolge aus?

Zuwenden= Taxis
Fixieren= gerichtete Appetenz
Zuschnappen= Endhandlung

Die Erdkröte erkennt ihre Beute an der Wurmkonfiguration und die dazu gehörige Bewegungsrichtung, verstärkt wird die Reizung durch eine erweiterte „antrainierte“ Dufterkennung, wodurch es zur Bewegungsabfolge/ Handlungskette kommt.
Die Erdkröte steht in einer einseitigen Verbindung mit ihrer Beute -> Normale Handlungskette
Die Stichlinge stehen in einer gegenseitigen Verbindung und reizen sich gegenseitig -> verschränkte Handlungskette

Tiere zeigen grundsätzlich ein instinktives Verhalten, welches erbkoordiniert festgelegt ist. Dieses kann aber erweitert oder verfeinert werden. Sind verschiedene Reize nötig, um zur erbkoordinierten Endhandlung zu kommen, spricht man von einer Handlungskette.



Quellen:

Stark- Verlag;  Meinhard, Moisl; Abitur- Training Biologie; Biologie 2, Verhaltensbiologie, Evolution; S.63- 77

Filme und Infoblatt von Herr Wilfer






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