Außerdem
bestimmen Reizstärke und die Reizdauer zum großen Teil die Auslösung und die
Dauer der folgenden Reaktion. Es gibt also einen direkten Reiz-Reaktions-Zusammenhang.
Neben
der zuvor genannten Bedeutung der Reflexe, den Körper zu schützen, kommen den
Reflexen noch weitere Aufgaben zu. Dazu gehört zum einen, dass sichergestellt
ist, dass komplexe, grundlegende Bewegungsabläufe von Geburt an korrekt
ausgeführt werden können. Ein Beispiel dafür wäre der Saugreflex bei Säuglingen.
Zum anderen ermöglichen Reflexe, dass während der Fortbewegung eine korrekte
Körperhaltung eingehalten wird.
Der
Reflexbogen
Durch
den Reflexbogen lässt sich der Vorgang von der Registrierung des Reizes bis zur
ausgeführten Bewegung darstellen.
Dabei
wird zunächst ein Reiz am Rezeptor registriert und löst dann eine Erregung aus.
Diese Erregung wird daraufhin über sensorische beziehungsweise afferente Nerven
zum Zentralnervensystem weitergeleitet und zwar meistens in das Rückenmark. In
diesem Reflexzentrum findet dann eine Verschaltung auf die motorischen beziehungsweise
efferenten Nerven statt. Somit wird der Reiz zu dem ausführenden Organ, dem
Effektor geleitet, welcher daraufhin reagiert.
Aufgrund
einer verschieden komplexen Verschaltung, kann es auch zu unterschiedlichen
Reaktionszeiten kommen.
Da
allerdings für jeden Reiz eine bestimmt Reaktion festgelegt ist, kann viel Zeit
eingespart werden, weil keine Entscheidung zwischen verschiedenen
Reaktionsmöglichkeiten getroffen werden muss. Dadurch ist es auch nicht nötig,
dass der Reiz erst noch zum Gehirn und dann wieder in das Rückenmark zurück
geleitet werden muss. Somit kann die Reaktion besonders schnell erfolgen.
Monosynaptische
und polysynaptische Reflexe
Für
die Effektivität eines Reflexes ist es wichtig, die Anzahl an Verschaltungen zu
berücksichtigen, da eine geringere Anzahl eine kürzere Reaktionszeit bedeutet.
Darum ist es sinnvoll, zwischen monosynaptischen und polysynaptischen Reflexen
beziehungsweise Reflexbögen zu unterscheiden. Dabei sind monosynaptische
Reflexbögen besonders effektiv, da sie mit einer einzigen Verschaltung
auskommen, was, wie zuvor beschrieben, zeitsparend ist. Sie laufen also nur
über eine einzige Synapse im Rückenmark, was bedeutet, dass der Reflexbogen aus
zwei Nervenzellen besteht, die über diese eine Synapse verschaltet sind.
Bei
polysynaptischen Reflexen hingegen muss das sensorische Signal auf mehrere Neurone
übertragen werden, da wie beispielsweise beim Beuger-Strecker-Reflex mehrere
Muskeln aktiv werden und im Reflexbogen mindestens ein weiteres Neuron
beteiligt ist. Denn tritt man auf einen spitzen Gegenstand, winkelt man nicht
nur das eine Bein an, sondern streckt auch gleichzeitig das andere.
Bei
polysynaptischen Reflexen können außerdem zusätzliche Reaktionen des Körpers
stattfinden, da Informationen an das
Gehirn, wie zum Beispiel Warnsignale durch Schmerzen, gegeben werden können.
Darum
ist bei monosynaptischen Reflexen eine meist konstante Zeitspanne von der
ausgelösten Erregung am Rezeptor bis hin zum Reagieren des Effektors zu messen.
Diese beträgt um die 30ms. Bei polysynaptischen Reflexen hingegen kann die
Reaktionszeit um bis zu 140ms variieren.
Eigen-
und Fremdreflexe
Des
Weiteren lassen sich die Reflexe auch in Eigen- und Fremdreflexe unterteilen.
Dabei wird die räumliche Beziehung zwischen dem Rezeptor und der ausführenden
Einheit betrachtet. Beim Eigenreflex befinden sich der Rezeptor und der
Effektor im selben Organ. Somit finden die Reizaufnahme, sowie die Reaktion im
gleichen Organ statt. Erfolgen diese in verschiedenen Organen handelt es sich
um einen Fremdreflex. Das Reizaufnehmende und das reagierende Organ sind hierbei also nicht identisch.
Demnach ist zum Beispiel der Kniesehnenreflex ein Eigenreflex und Husten ein
Fremdreflex, da beim Husten Sinneszellen in der Schleimhaut der Luftröhre den
Rezeptor darstellen, die Reaktion aber am Zwerchfell und an der
Zwischenrippenmuskulatur stattfindet. Durch Kontraktionen an diesen Stellen
wird in der Lunge ein höherer Druck erzeugt, wodurch Fremdkörper aus der Lunge
ausgestoßen werden können.
Weitere
Kennzeichen von Eigenreflexen sind, dass deren Reflexbögen meist monosynaptisch
und eher selten polysynaptisch sind. Die Verschaltung läuft bei diesen Reflexen
über das Rückenmark und der Ablauf ist unwillkürlich und schwer ermüdbar.
Dadurch, dass die Reflexbögen der Eigenreflexe überwiegend monosynaptisch sind,
ist die Reaktionszeit äußerst kurz und größtenteils konstant. Ein weiteres
Kennzeichen ist, dass die Eigenreflexe häufig die aufrechte Körperhaltung
unterstützen, sowie dazu dienen, willentliche Körperbewegungen
auszubalancieren.
Die Kennzeichen von Fremdreflexen sind, dass der
Reflexbogen polysynaptisch ist, die Schaltung in rückenmarksnahen Teilen des
Gehirns oder über Reflexzentren im Rückenmark verläuft. Der Ablauf bei Fremdreflexen
ist häufig unwillkürlich, kann aber in einigen Fällen auch willentlich
beeinflussbar sein. Die Latenzzeit, also die Reaktionszeit, beträgt nicht wie
bei den Eigenreflexen zwischen 20 bis 30ms, sondern 60 bis 200ms, ist somit
aber ebenfalls kurz. Die Latenzzeit wird zudem mit zunehmender Reizintensität
kürzer. Außerdem lässt sich bei Fremdreflexen eine Ermüdung feststellen, die
aber zum Beispiel durch eine Ruhephase wieder behoben werden kann und es lässt
sich ein Überdauern des Reflexes beobachten, da die Reaktion bei stärkeren
Reizen auch noch nach dem Ende der Reizeinwirkung fortbesteht. Die Funktion von
Fremdreflexen ist die von Schutzreflexen oder auch von Reflexen zur
Ernährungssicherung, wie zum Beispiel der Schluckreflex.
Darstellung
zu monosynaptischen und polysynaptischen Reflexen, sowie zu Eigen- und
Fremdreflexen
Beispiel
eines Reflexes: Der Patellarsehnenreflex
Ein
Beispiel für einen Eigenreflex ist der Patellarsehnenreflex, welcher auch als
Kniesehnenreflex bekannt ist. Der Muskel, durch den der Kniesehnenreflex
ausgelöst wird ist der Quadrizeps-Muskel im Oberschenkel. Zwischen dem Ober-
und dem Unterschenkel befindet sich außerdem eine Sehne, die Patellarsehne. Der
Kniesehnenreflex wird dann ausgelöst, wenn an einer bestimmten Stelle leicht draufgeschlagen
wird, oder auch, wenn man beim Gehen mit dem Fuß an einem Widerstand hängen
bleibt. Der Quadrizeps-Muskel im Oberschenkel wird dann ruckartig gedehnt,
wodurch der Rezeptor, eine Muskelspindel im Inneren des Muskels erregt wird. Diese
Erregung gelangt dann über die afferenten Nerven zum Rückenmark, wo an einer
Synapse die Erregungsübertragung auf die efferenten Nervenbahnen erfolgt.
Daraufhin erreicht die Erregung wieder dem Quadrizeps-Muskel, also den Effektor
und löst hier eine Kontraktion aus. Durch diese Kontraktion wird eine Streckung
im Kniegelenk ausgelöst, der Unterschenkel schnellt darum nach vorne.
Durch
diese Bewegungsabfolge kann meist der Sturz durch vorangegangenes Stolpern
verhindert werden, da der vorschnellende Unterschenkel den Körper abfangen
kann.
Bedingte
und unbedingte Reflexe
Bei
den Reflexarten wird außerdem noch zwischen bedingten und unbedingten Reflexen
unterschieden. Unbedingte Reflexe sind angeborene Reflexe, sie sind entweder
schon bei der Geburt komplett ausgebildet oder entwickeln sich bis das
Lebewesen geschlechtsreif ist. Dadurch ist die Reaktion auf einen bestimmten
Reiz bei Individuen einer Art identisch und unterscheidet sich lediglich in der
Intensität.
Bedingte
Reflexe sind nicht angeboren, sondern werden erlernt und deshalb auch als
erworbene Reflexe bezeichnet.
Das
Experiment von Iwan Petrowitsch Pawlow
Der
russische Wissenschaftler Iwan Petrowitsch Pawlow, der von 1849 bis 1936 gelebt
hat, arbeitete in der Verhaltensforschung und hat sich mit den bedingten
Reflexen befasst. Dabei fiel ihm zunächst auf, dass bei seinen Hunden ein
regelmäßiger Speichelfluss auftrat, wenn diese ihren Pfleger sahen, der sie
immer fütterte. Der Speichelfluss trat bei den Hunden auch auf, wenn der
Pfleger kein Futter dabei hatte. Dadurch viel ihm auf, dass seine Hunde zwei
Reize miteinander in Zusammenhang brachten. Er nannte dies einen
konditionierten Reiz.In einem folgenden Experiment ließ er seine Tiere, sobald
sie ihr Futter bekamen einen Glockenton hören. Für die Hunde bedeutete dieser
Ton nach längerer Zeit, dass sie, immer wenn sie ihn hören, Futter bekommen
würden. Wie zuvor, als der Pfleger ohne Futter zu den Hunden kam, begannen sie
auch jetzt Verdauungssekrete zu produzieren, wenn sie nur die Glocke hörten,
aber kein Futter vorgesetzt bekamen. Die Hunde hatten so einen Reflex erlernt,
indem sie auf einen Reiz eine bestimmte Reaktion ausführten.
Allerdings
können diese erlernten Reflexe auch wieder verlernt werden, wenn die Glocke zum
Beispiel regelmäßig ohne eine darauffolgende Bereitstellung von Futter ertönt.
Das
Experiment von Iwan Petrowitsch Pawlow
Frühkindliche
Reflexe
Frühkindliche
oder primitive Reflexe sind solche, die ablaufen, ohne dass das Großhirn daran
beteiligt ist. Sie sind wichtig für die Nahrungsaufnahme und den Selbstschutz
und können in den frühen Lebenswochen und Monaten beobachtet werden. Später
allerdings werden diese Reflexe durch die Weiterentwicklung des Großhirns und
die höheren Funktionen unterdrückt. Dass diese frühkindlichen Reflexe mit der
Zeit nicht mehr vorhanden sind ist wichtig, denn erst durch deren Verschwinden
können grundlegende Bewegungen erlernt werden. Zum Beispiel beim Fußgreifreflex
beugen sich auf einen Druck, der auf die Fußsohle ausgeübt wird, die Zehen in
die Richtung der Fußsohle. Würde dieser Reflex nicht verlernt werden, könnte
ein Kind weder das Stehen noch das Gehen lernen.
Ein
weiterer Reflex im Kindesalter ist zum Beispiel der Saug-Schluck-Reflex. Dieser
Reflex sorgt dafür, dass sich das Kind an der Brust seiner Mutter ernähren
kann. Wird der Gaumen des Neugeborenen berührt, beginnt dieses zu saugen und
durch den Schluckreflex gelangt die Nahrung weiter in die Speiseröhre. Hierbei
wird nur der Schluckreflex verlernt, der Saugreflex bleibt das ganze Leben lang
bestehen.
Einen
ebenso interessanten Reflex stellt außerdem der Moro-Reflex dar. Dieser stellt
sicher, dass das Baby seine Bezugsperson umklammert, um nicht herunterzufallen,
wenn diese einmal ihre Position ändert. Das Baby reagiert durch diesen Reflex
allerdings auch auf andere bedrohliche Situationen. Erschreckt sich das
Neugeborene durch einen Reiz, ist seine Reaktion, den Mund zu öffnen und heftig
zu atmen. Die Arme werden nach oben gestreckt und die Hände geöffnet. Daraufhin
atmet das Baby aus, legt die Arme an seinen Körper an und ballt die Hände zu
Fäusten. Dieser komplette Ablauf erfolgt in sehr kurzer Zeit und verhindert zum
Beispiel durch die starke Atmung ein ersticken des Kindes.
Der
Moro-Reflex wird zu einem späteren Zeitpunkt, nach etwa zwei bis vier Monaten,
durch den Schreck-Reflex ersetzt, der dann auch im weiteren Leben bestehen
bleibt. Auch hier kann es aber passieren, dass der Moro-Reflex länger bestehen
bleibt. Die davon betroffenen Kinder sind häufig besonders schreckhaft und
ängstlich und wachen deshalb häufig nachts auf. Durch den fortbestehenden
Moro-Reflex kann es bei dem Kind zu Wahrnehmungsstörungen, sowie
Koordinationsstörungen und Überempfindlichkeit auf Geräusche und das Licht, was
zu einer schnellen Ermüdung der Augen führen kann. Auch haben die betroffenen
Kinder häufig Gleichgewichtsstörungen.Vor allem durch die genannten auftretenden
Probleme wird deutlich, dass für jemanden, der von andauernden frühkindlichen
Reflexen betroffen ist, große Nachteile entstehen.
Beispiel
aus dem Strafrecht
In
der Strafrechtslehre ist zu Beginn festgelegt, was es bedeutet, wenn aufgrund
eines Reflexes gehandelt wird. Dabei wird erwähnt, dass Reflexe eine biologisch
notwendige Reaktion sind, die unbedingt und in kurzer Zeit erfolgen müssen,
damit der Organismus geschützt werden kann. Auch ist wichtig dass sie ohne das
Bewusstsein der Handlung ausgeführt werden.
Oft
ist schwer zu unterscheiden, ob es sich um eine Reflexhandlung handelt oder
nicht. Im folgenden Beispiel wurde beschlossen, dass es sich um kein Verhalten
aufgrund eines Reflexes handelte.
Eine Frau fuhr mit ihrem Pkw, bei dem
die Fensterscheiben heruntergelassen waren, in eine leichte Rechtskurve.
Währenddessen flog ihr eine Fliege gegen das Auge, die sie mit einer Hand
abzuwehren versuchte. Mit der anderen hielt sie das Lenkrad weiterhin fest.
Allerdings übertrug sich die ruckartige Bewegung, die sie mit der anderen Hand
ausführte auf ihren Körper und somit auch auf das Lenkrad. Sie geriet mit ihrem
Wagen in die Gegenfahrbahn und kollidierte mit einem anderen Fahrzeug.
Das
Oberlandesgericht sah diesen Fall nicht als ein Handeln aufgrund eines Reflexes
an, da es sich beim Abwehren der Fliege nicht um einen Reiz handeln würde, der
dann unmittelbar in eine Reaktion umgesetzt wird. Es sei darum keines Falls
eine unwillentliche Abwehrreaktion gewesen sein.
Als
Beispiele für direkt-motorische Reaktionen werden unter anderem Krämpfe oder
Erbrechen genannt oder auch die Reaktion des Auges, sich zu schließen, um den
Fremdkörper abzuwehren. Die willentliche Steuerung aber, den Fremdkörper mit
der Hand zu entfernen, hätte unterlassen werden können, da es notwendiger
gewesen wäre, den drohenden Unfall zu vermeiden.
Quellen
NATURA
– Neurobiologie und Verhalten, Klett Verlag, Seiten 30,31
Fit
fürs Abi – Biologie Wissen, Schroedel Verlag, Seiten 121,22pdf Datei vom Schroedel Verlag: Verhaltensbiologie - Reflexe
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Reflexbogen.html
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Reflex_(Physiologie).html
http://www.spektrum.de/alias/welche-reaktion-seiner-hunde-brachte-iwan-pawlow-auf-die-spur-der-klassischen-konditionierung/621359
http://de.wikipedia.org/wiki/Reflex
http://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%BChkindlicher_Reflex
http://blog.horsefriendship.de/__oneclick_uploads/2010/02/pawlowscher-hunder-kopie.gif
http://www.nonomo.de/der-moro-reflex
http://books.google.de/books?id=LRxrINbjQUcC&pg=PA101&lpg=PA101&dq=reflexe+strafrecht&source=bl&ots=U8oFRFhDcr&sig=JK_Za7wO2oljcLnP5V0boUwfzpo&hl=de&sa=X&ei=15XhUMCoKNHOswairoD4Bg&ved=0CD0Q6AEwAg#v=onepage&q=reflexe%20strafrecht&f=false
Von
Dajana Komp
TIPPs - auch interessant: frühkindliche Reflexe und ihre Entwicklung, Reflex und Handeln im Strafrecht
AntwortenLöschenMeega gute Informationsquelle! Danke dafür. War eine große Hilfe!
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